Wenn normale Kampagnen mit ihren Botschaften bisher versagt haben, könnte Storytelling für Fortgeschrittene die Lösung sein. Dieser Artikel zeigt Ihnen anhand des ewigen Müllproblems die Herangehensweise. Und welche Rolle die vier Ohren des Menschen dabei spielen.
Die Reinigungskosten an den Strassenrändern waren immens und stiegen Jahr für Jahr.
Die Rede ist von Texas. Die «please don’t litter»-Kampagne hatte versagt. Ebenso die «Schuld und Scham-Kampagne». Wie auch der Empathie-Versuch mit einer Cartoon-Eule: «Give a hoot – don’t polute».
Dann kam einer mit einer «Echte Kerle»-Kampagne. Als erstes fand er heraus, wer die Hauptübeltäter waren:
- Männer zwischen 18 und 35
- Pickup-Fahrer
- mögen Sport und Country Musik
- Antipathie gegen Autorität
- knuddelige Eulen-Bilder wirken nicht
Der Werber Dan Syrek fokussierte sich folglich mit Haut und Haar auf diese Zielgruppe. Die Botschaft:
«Echte Texas-Kerle schmeissen ihren Müll nicht auf die Strasse!» Der Absender: Ein Pickup-Fahrer namens Bubba.
Die Wirkung:
Innerhalb eines Jahres 30% weniger Müll
Nach 5 Jahren: -72% Müll, -81% Getränkedosen
Was ist die Moral von der Geschicht?
Marketing für eine messerscharfe Zielgruppe lohnt sich. Und der Mut, sich darauf zu fokussieren und nicht mehr davon abzulassen.
Doch trotz Bemühung bezüglich Zielgruppe: Die Beschreibung bleibt oft an der Oberfläche. Heraus kommen dann schwammige, wenig wirksame Allerwelts-Botschaften für Allerwelts-Menschen.
Es ist eine entscheidende Beschreibung, die fehlt.
Dazu braucht es nun ein bisschen Küchenpsychologie. (Ich schreibe bewusst Küchenpsychologie, denn ich bin nicht die Spezialistin für Psychologie;-)).
Also stellen wir uns vor, wir sind zusammen in der Küche, machen den Abwasch («lieber spülen oder abtrocknen?») und sprechen über die Menschen. Wie sie ticken. Was sie bewegt.
Zum Beispiel, wie sie sich bewegen lassen, wenn allgemeine, eher sachbezogene Appelle nicht helfen. Also eben: Bitte keinen Müll hinterlassen. Sorgen wir für die Umwelt.
In dem Zusammenhang erwähne ich gerne das unvergessliche Schulz von Thun-Modell der «vier Ohren».
Wir Menschen haben nach diesem Modell vier Ohren oder vier Antennen für eine Botschaft. Also spitzen Sie Ihre vier Ohren :-).
Wir lesen die Nachricht «Müll an den Strassenrändern verursacht Probleme».
So reagieren die verschiedenen Ohren:
- Das Sachohr: OK, das nehme ich zur Kenntnis.
- Das Beziehungsohr: Ich fühle mich involviert. Den Sender der Botschaft mag ich/mag ich nicht.
- Das Appellohr: Wir fühlen uns aufgefordert, einen Beitrag gegen Müll zu leisten. Obwohl die Nachricht nur eine Feststellung ist.
- Das Selbstoffenbahrungsohr: Wie fühlt und handelt jemand wie ich in dieser Situation? Sage ich auf diese Nachricht: «Die sind ja schliesslich da fürs Wegräumen, die Beamten» oder «Schon recht, dass sie mal wieder auf dieses Problem aufmerksam machen»?
Das Selbstoffenbahrungsohr habe ich lange nicht verstanden. Bis ich eine Parallele mit dem Selbstbild gefunden habe.
Das Selbstbild
Mit dem Selbstbild definieren wir unseren Platz in der Welt.
Dahinter stecken unsere Werte. Es ist unser Selbstschutz und Stolz. So, wie wir auf Botschaften und Reize reagieren, sagt das etwas über uns und unsere Persönlichkeit aus.
Das Selbstbild wiederum ist stark durch die Kultur, also durch unser nächstes Umfeld beeinflusst.
Die Pickup-Fahrer definieren sich nicht nur durch ihren Pickup, sondern sie fühlen sich über die gemeinsamen Pickup-Gefühle zugehörig zu allen anderen Pickup-Fahrern. Sie fühlen sich als echte Kerle. Das macht ihren Stolz aus. Ihre Kultur, ihr Zusammengehörigkeitsgefühl wiederum wird durch einen gemeinsamen Feind gestärkt: Der Feind sind klassische Autoritäten. Sprich Behörden.
Die müssen uns gar nichts sagen.
So hat Dan Syrek den Spiess umgedreht und nicht die Behörden auftreten lassen, sondern mit Bubba «einer von uns».
Je stärker sich die Pickup-Fahrer mit ihrer Kerle-Kultur identifizieren, umso mehr wird die Kampagne auf sie gewirkt haben.
Das Selbstbild ist einer der wirksamsten Emotionsverstärker. Wenn nicht der wirksamste überhaupt. Letztendlich lassen wir uns immer aus purem Eigennutz überzeugen.
«Dem Hautkrebs ist es egal, wer du bist!» So die eindrückliche Selbstbild-Kampagne des Bundesamts für Gesundheit.
Das fährt ein, oder?
Storytelling für Fortgeschrittene ist Einwandbehandlung
Wenn wir mit unserer Story zeigen, dass wir unsere Zielgruppe sehr gut kennen, machen wir Storytelling für Fortgeschrittene. Das Synonym für emotional überzeugende Einwandbehandlung.
Die Basics für Storytelling kennen Sie als Insider: Es ist das Nutzen- oder Speck und Blume-Modell. Die Menschen möchten die Frage «Warum soll ich kaufen?» beantwortet haben und sich in einen Erlebnis-Film geschossen fühlen.
Der Speck ist der produktnahe, eher funktionale Nutzen. Die Blume ist das Symbol für das Erlebnis und das Happy End der Geschichte.
Das hört sich dann so an: «Wenn du das brauchst und dich nach dem sehnst, dann ist das Produkt hier genau das Richtige für dich.»
Doch wir Menschen haben noch tiefere innere Widerstände, die sich nicht immer durch eine logische Nutzenargumentation aufheben lassen.
Einer dieser tieferen inneren Widerstände, den wir hier in diesem Blog-Artikel behandeln, ist dieses hartnäckige Selbstbild.
Dann gibt es nochmals eine andere, psychologische «ganz tief unten im Eisberg-«Dimension, die ich Ihnen hier mit dem Eisbergmodell zeige.
Bleiben wir bei der Selbstbild-Eisschicht. Und beantworten wir die Praxis-Frage:
Wie nutze ich Storytelling für Fortgeschrittene?
Hier ist die Antwort:
- Fühlen Sie sich in Ihre Zielgruppe ein und am besten in eine typische Vertreterin, einen typischen Vertreter davon.
- Überlegen Sie sich, was die Hürde oder der Einwand sein könnte, warum diese Person kein Ohr hat für Ihre nutzenwertige Lösung. (Menschen direkt danach zu fragen ist etwas schwierig, weil viele selbst nicht wissen, was sie wirklich hemmt. Und niemand spricht gerne über seinen Stolz.)
- Überlegen Sie sich, worüber sich Ihre Person definiert, über welche Kultur und welche entsprechenden Werte. Wie diese Person über sich spricht und sich in der Welt sieht. Führen Sie Gespräche mit Vertretern dieser Zielgruppe.
- Fügen Sie an Ihre Nutzenstory ein «ohne», oder «obwohl», «wie» oder «wie wenn» an. «Räum den Müll zusammen wie Bubba».
Testen Sie die Story. Lernen Sie aus dem Ergebnis. Passen Sie die Story je nachdem nochmals an.
So nutzen Sie emotionale Ansprache mit Emotionsverstärkern, um besser als die Konkurrenz zu überzeugen. Und erst noch wie die Fortgeschrittenen.
Wie wenn Sie das schon immer getan hätten. 🙂
Storytelling, mit dem wir uns wohl fühlen, beginnt immer bei den eigenen Werten: Bei dem des Unternehmens und der persönlichen. Sie können dem auch «authentisch» sagen.
Ich weiss jetzt ungefähr, wie Storytelling geht. Aber wie setze ich es so ein, damit wir uns als Unternehmen damit identifizieren können?
Wissen und richtig einsetzen: Das sind tatsächlich zwei paar Schuhe.
Falls Sie auch diese Fragestellung haben, biete ich den «Warum-soll-ich-kaufen-Werteworkshop» für mittelständige Unternehmen an. Darin finden und erarbeiten wir:
- Ihre bereits gelebten Werte, mit denen Sie aus Ihrem Angebot eine einmalige, authentische Corporate-Story bauen.
- Werte, die Sie brauchen, um von einer sachbezogenen Zahlen-Daten-Fakten-Kommunikation hin zu einem Wohlfühl-Storytelling zu kommen.
- Emotionsverstärker wie das Selbstbildmodell, mit deren geschickter Kommunikation Sie aus B-Kunden A-Kunden machen. Mit denen Ihr upselling gelingt. Oder mit denen Sie sogar neue Kunden gewinnen.
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Seien Sie einzigartig, überzeugen Sie einzigartig
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