Gilt auch für Facebook und Google: Ohne proklamierte Werte geht es nicht

Sind soziale Werte nur was für die sozialen Institutionen und deren Chefs? Oder dienen sie lediglich dazu, schöne Leitbilder zu formulieren, mit welchen die Unternehmen ihre Identität und Erfolgs-Kultur beschreiben können?  

Ich habe mit Spannung die «Datenaffäre» rund um Facebook verfolgt. Das Technologie-Unternehmen strauchelte in den letzten Tagen ganz schön. Die Aktien haben wie noch nie verloren.

 Facebook gibt mir den Auftakt für diesen Blog, in dem ich Ihnen fünf Gründe mitgeben möchte. Warum es sich lohnt, auf Werte zu setzen. 

«Give People the power to share and make the world more open and connected.»

Marc Zuckerberg’s Gründer-Story

Wir haben erlebt, wie das soziale Netzwerk innert 14 Jahren die Welt umgekrempelt hat. Es zählt mittlerweile über zwei Milliarden Nutzerinnen und Nutzer, wie Sie auch hier nachlesen können. Im letzten Sommer hat Facebook seine Mission verschärft, weil es seine Engagement erhöhen wollte. Sie heisst jetzt auf der Website:

«Bring the world closer together.» 

aktuelle Facebook-Story
Bild: www.facebook.com

Auf nichts anderes als auf diese Ideologie, die Welt enger zu vernetzen, hat CEO Mark Zuckerberg während der Anhörung im US-Kongress gepocht. Er zeigte sich reumütig, und auch wenn er vage Aussagen zu den Massnahmen machte: An einem einzigen Tag ist der Aktienwert um 20 Mia. US-Dollar gestiegen. Und der ist die offizielle Messlatte für Vertrauen. 

Wir werden sehen, was Facebook an technischen Einstellungen vornehmen wird, damit die Daten von uns und unseren Freunden nicht beliebig weitergeben werden können. Wie wir darüber aufgeklärt werden, womit wir genau rechnen müssen, wenn wir unsere Profile auf «öffentlich» stellen. 

Facebook wird auf die Dauer nicht überleben, wenn es diese Werte seiner Mission verletzt. Und die heissen noch einmal in Aufzählung:

  • Die Welt enger zu vernetzen
  • Zusammenarbeit. 

Warum bin ich fest davon überzeugt, dass Facebook diese Werte hoch halten muss? Ganz einfach: Es gibt genug Firmen im Markt, die warten nur auf ihren Moment. Der Wettbewerb im Internet ist gigantisch und es gibt aktuell genug Nutzer, die von Facebook enttäuscht sind. Für uns alle ist «Einander die Welt näher bringen» menschlich und ideologisch gemeint. Die Mission soll uns nicht näher zur Politik bringen. Oder zu einem bestimmten Politiker. Oder ist bei Zusammenarbeit implizit auch die mit allfälligen Datenunternehmen gemeint? 

Denn durch die Verdichtung von der Gründerstory auf die aktuelle Story ist etwas weggefallen: das Wort people. Wer das wortwörtlich nimmt, kann sagen: Ja, mit der Übertragung unserer Daten an eine Firma zeigt Facebook, dass die Menschen weniger wichtiger geworden sind als die Daten.

Hat die Firma deshalb ihre Story angepasst?

«Don’t be evil»

So lautet die Story von Google. «Sei nicht böse!» Es geht nicht darum, ob die Google-Manager moralisch besser sind als andere Unternehmen. Es geht darum, dass die Verantwortlichen erkannt haben, wie überlebenswichtig Ehrlichkeit und Integrität in der digitalen Welt sind.

Möglicherweise sind sie auch gar nicht moralisch besser (moralisch schon, aber nicht besser als andere), meint Prof. Dr. Ewald Wessling in seinem Buch «Digitalisierung erfolgreich nutzen». Aber auch für Google wäre der Tag, an dem wir unser Vertrauen verlieren und andere Suchmaschinen benützen würden, der Anfang vom Ende. 

Im Internet müssen wir also ehrlich und integer sein, wenn wir als Firma überleben wollen. Weil – und diese Botschaft richtet sich an alle, welche die Fake News – Maschinerie in Gang halten – Lügen einfach kurze Beine haben. In dem Sinn ist der Ehrliche der Schlaue. 

Damit bin ich schon mitten drin in der Begründung, warum es ohne Werte nicht geht. Mehr noch: warum Sie damit unschätzbare Vorteile erhalten.

Ich zähle fünf davon auf und freue mich schon jetzt auf Ihren Kommentar dazu. 

1.   Sie differenzieren sich klar vom Wettbewerb 

Wem nützt das, was ich mache? Wie mache ich das? Warum mache ich es?

Wenn Sie diese Fragen klar beantworten können, haben Sie bereits Ihren Werteprozess gemacht. Sie kennen Ihre Werte. Für alle, die ihr Wertegerüst finden oder zuspitzen wollen, empfehle ich, das PDF auf dieser Seite herunterzuladen. Alleine dass Sie zu Ihren inneren Antreibern stehen und diese auch teilen, wird Sie von der grossen Mehrheit Ihrer Mitbewerber abheben. Denn Werteorientierung ist erst am Kommen und somit eine grosse strategische Chance. 

Kürzlich hat die international tätige Liechtensteinische Privatbank LGT mit Inseraten auf ihre Werteoffensive «Values Worth sharing» aufmerksam gemacht. Sie schreiben auf ihrer Website:

«Wir kennen den Wert von Traditionen und Überzeugungen und wissen, wie wichtig es ist, diese mit anderen zu teilen. Wir wissen auch, dass es Werte wie Respekt und Verantwortungsbewusstsein sind, die in einer unsicheren Welt Vertrauen und Nähe schaffen.»

Liechtensteinische Privatbank LGT

Wem nützt das, was ich mache? Wie mache ich das? Warum mache ich es? Sie können sich mit den Antworten darauf auch von jenen differenzieren, die ihre Werte ebenfalls bekannt geben. Ihre Persönlichkeit ist so einzigartig, dass niemand sie kopieren kann. Und sind Sie sich erst noch über Ihr Warum, Ihren Brennwert im Klaren, werden Sie sich noch deutlicher differenzieren.

Früher und nach wie vor noch heute geben die Firmen ihre Produktwerte wie Qualität, Service, Innovation bekannt. Diese kennzeichnen ihre Marke. Das ist auch gut so, denn ohne diese hätten wir keine treuen Kunden. Ich empfehle Ihnen, den Wert der Qualität weiterhin hoch zu halten. Sonst bricht alles zusammen wie ein Kartenhaus. Aber diese Produkt-Werte oder Merkmale sind blass geworden, weil sie schlicht von uns erwartet werden. Das gilt sogar immer mehr auch für den zunehmend sachlich diskutierten Wert der Nachhaltigkeit.

Angesprochen auf ihr «Warum» antworten viele Unternehmen: «Wir wollen unsere Kunden mit unseren Produkten begeistern». Neuerdings löst das Wort «inspirieren» das Wort «begeistern» ab. Um den Unterschied mit einem moderneren Wort zu machen? In beiden Wörtern steckt der Begriff «Geist» drin. 

Die Schlüsselfrage, um Ihren Brennwert, Ihr Warum zu finden, ist: Mit welchem Wert helfe ich meinen Kundinnen und Kunden im Alltag? Oder: Mit welchem Wert begeistere / inspiriere ich sie im Alltag? 

2.   Sie bauen Potential für langfristigen Erfolg  

Werte unterscheiden sich von den Bedürfnissen in ihrer Langfristigkeit. Es sind hoch emotionale Orientierungshilfen, die in einer schnell getakteten und unruhigen Welt zu Leuchttürmen werden. Deshalb haben Firmen, die sich auf Werte besinnen und sie mit ihren Kunden teilen, mehr Potential für langfristigen Erfolg.

Produkte und Verfahren kommen und gehen, Werte bleiben. So könnten sogar Metzgereien in einer Welt mit immer mehr Vegetariern überleben.

Weil sie zum Beispiel auf den Wert der Offenheit gesetzt und diesen glaubhaft kommuniziert haben. Die Werte der Rügenwalder Mühle erlauben es beispielsweise, dass sie seit Anfang 2015 mit Erfolg vegetarische Produkte verkaufen kann. Auch in der Schweiz gibt es die vegetarische Rügenwalder Salami zu kaufen. Zumindest noch im Sommer 2017 sind die Umsätze mit vegetarischen Umsätzen überdurchschnittlich gestiegen und machen bereits über 20 Prozent des gesamten Sortiments aus.

Es wäre spannend zu erfahren, welche Zielgruppen Vegiprodukte von einer Metzgerei beziehen.

Starke Marken zeichnen sich durch einen starken Markenkern aus, und dieser wiederum durch beständige, zentrale Werte, die niemand so schnell nachahmen kann. Falls Facebook seine Gründerwerte vermasselt, könnten diese von einem Tag zum anderen durch eine andere soziale Plattform übernommen werden? Ich glaube nicht. Facebook hat sich mit «Vernetzung» positioniert. Die neue Firma müsste für den Neuanfang ihre Grund-Motivation anders verkünden. 

Auf Basis der beständigen, zentralen Werte kann ein Unternehmen einen zusätzlichen differenzierenden Zukunftswert definieren, falls dieser noch nicht besteht. Welche Werte brauchen wir heute für den langfristigen Erfolg UND die Differenzierung im Wettbewerb? Mit der Entwicklung der Wirtschaft und dem Überfluss sind es Massstäbe für das gute, erstrebenswerte Leben. Es sind soziale Werte, weil sie unseren Umgang untereinander prägen. Ich nenne sie Seelenwerte, weil sie die Kraft haben, unser Leben zu verändern und den Menschen in seiner ganzen Dimension inklusive seiner Ideologie ansprechen. 

Hier eine kleine Auswahl:

  • (soziale) Gerechtigkeit
  • gutes Gewissen
  • Engagement
  • Verantwortung
  • Offenheit
  • Respekt
  • Toleranz
  • Nächstenliebe
  • Selbstbestimmung 
  • Unabhängigkeit
  • Zugehörigkeit 
  • Integrität 
  • Beitrag leisten
  • Authentizität. 

Die Werte von Facebook gehören auch in diese Kategorie. Wie fest werden sie noch gelebt? Das steht auf einem anderen Blatt.

3.   Sie verkaufen besser

Wenn Sie Autoverkäufer sind und ein Auto mit Vierrad-Antrieb verkaufen, welche Botschaft wird den Käufer mehr bewegen:

  • «Ein Auto mit Vierrad-Antrieb. Da kommen Sie überall im Winter durch.»
  • «Ein Auto mit Vierrad-Antrieb. Für deine Freiheit im Leben.»

Und welche Botschaft bewegt hier mehr:

  • «Facebook – die grösste soziale Plattform.»
  • «Facebook – verbinde dich mit den Menschen auf der ganzen Welt.»

Wir sind bei den starken Markenbotschaften angelangt, die unser Herz und unsere Seele ansprechen, die ein Lebensgefühl vermitteln. Sie haben es möglich gemacht, dass die Menschen Zigaretten rauchen.

Wenn wir dagegen ein Produkt nur über seine Merkmale verkaufen («diese Zigarette hat einen besonders fein riechenden Tabak»), haben wir deswegen schon fast verloren. 

Das Emotionale spielt eine immense Rolle beim Entscheiden

Über 60 innere Kaufmotive hat der Mensch (die mehr oder weniger seinen Werten entsprechen). Zigaretten verheissen bei ihm etwa «Abenteuer». Bei den Jugendlichen ist es die Zugehörigkeit zu einer Gruppe. 

Sobald wir erkannt haben, welche Werte den Menschen wichtig sind und diese mit Nutzenargumenten verknüpfen, sprechen wir nicht nur eine emotionale Sprache, sondern erhalten auch loyale Kunden. In diesem Blog «Werte sind menschlich – und deshalb ein Top-Thema» habe ich das Modell der Nutzenpyramide vorgestellt. Es unterstützt Sie in Ihrem Umsatz-Wachstum, ohne dass Sie dazu neue Produkte oder Dienstleistungen brauchen.

Der Disclaimer: Wer schöne Werte verkauft, sie aber nicht verinnerlicht hat, wird nicht glaubwürdig sein – und die Kunden nicht begeistern können.  

4.   Sie stärken Ihre Identität – und damit auch Ihr leuchtendes Image

Das ist doch eine gute Nachricht: Alles, was Sie für Ihren leuchtenden Erfolg brauchen, steckt in Ihnen. Werte sind Stärken, weil wir sie natürlicherweise haben. 

Im Umkehrschluss bedeutet das: Wenn Sie darauf verzichten, Ihre Werte aktiv zu kommunizieren, verzichten Sie auf Ihr wichtigstes Kapital. Und das ist Ihre Persönlichkeit mit ihren Stärken. Ihre Personenmarke. Das Bild, das Sie nach aussen und innen leben: Ihr Image. Hier in diesem Blog habe ich 7 Tools beschrieben, mit denen Sie Ihre Werte strategisch teilen und damit Mehrwert bilden können.

Tue Gutes und sprich darüber.

Falls Sie sich schwer damit tun, weil Bescheidenheit ein wichtiger Wert ist für Sie: Bescheidene Zurückhaltung ist leider einer der drei Feinde einer PR für den leuchtenden Erfolg ist. Sie werden sicher den richtigen Mittelweg finden, mit dem Sie sich wohl fühlen werden. 

5.  Sie bauen Kundenbeziehungen auf

Sobald Sie beginnen, Ihre Werte aktiv mit Ihren Kunden zu teilen, bauen Sie Beziehungen zu ihnen auf. Das ist die beste Strategie, die Sie für die Kundenbindung einschlagen können. Weil sie nicht nur emotional, sondern auch tiefgründig wirkt. Sie wird Ihnen bei den physischen Gesprächen wie auch bei den «Gesprächen» in den sozialen Medien zum Erfolg verhelfen. 

Warum sind Beziehungen und damit verbunden Dialoge wichtig?

Weil Sie…

  • … damit ausdrücken, wie wichtig Ihnen die Menschen und ihre Bedürfnisse sind.
  • … zeigen, dass Sie ein offenes Ohr haben für sie.
  • … damit eine wertschätzende, vertrauenswürdige Public Relations pflegen.

Das mag ich an dieser Branchenbezeichnung PR: den Begriff der Relations.

Die Beziehungs-Strategie ist so wichtig, dass sich dieser auch das klassische Marketing immer mehr bedient. Zuweilen hören wir den Begriff «Inbound Marketing», der ungefähr das gleiche beinhaltet. Inbound Marketing holt die Menschen dort ab, wo sie Sie und Ihr Angebot brauchen oder bereit sind, darauf einzugehen. Aber sie tun es freiwillig. Im Gegensatz dazu behandelt das Exbound Marketing uns Menschen wie eine pflegeleichte Zielgruppe und deckt uns oft mit unerwünschter Werbung zu. 

Der Nachteil der Beziehungsstrategie ist: Es ist ein long game. Beziehungspflege braucht Zeit und Feingespür. Das kennen wir aus dem Alltag. Wenn Sie einen Raum betreten, in dem sich bereits viele Menschen aufhalten, gehen Sie auch nicht zu ihnen und verteilen Ihre Broschüre. Das machen nur die Zeugen Jehovas.

Sondern Sie beginnen, mit ihnen zu reden, sich für sie zu interessieren, zuzuhören und irgendwann, wenn Sie spüren, dass der Zeitpunkt der richtige ist, können Sie sich und Ihre Firmenwerte ins Spiel bringen. Im besten Fall, wenn sie die Werte teilen, werden die Leute neugierig auf Sie und Ihr Angebot. Nachhaltig. 

Mit der Beziehungsstrategie über Werte werden Sie auf die Dauer ihre Zielgruppe, ihr Netz an emotional verbundenen Interessenten bilden. Diese  Zielgruppe wird sich durch die geteilten Werte auszeichnen. Das heisst, dass Sie Mut brauchen dafür, weil Sie damit gewisse Menschen mit Ihrem Angebot nicht ansprechen – jene, die Ihre Werte nicht teilen. Im Gegenzug wird Ihre Public Relations effizienter, personalisierter und emotionaler sein.  

Ich fasse zusammen: Ohne Werte geht es nicht. Das zeigen gerade im digitalen Zeitalter High-Tech-Firmen wie Facebook und Google. Mehr noch: Werte führen für alle Unternehmen und Selbständige zu unbestreitbaren Vorteilen, die von der grossen Mehrheit noch nicht erkannt sind. Wichtig ist, dass man sie offensiv teilt und nicht in einem Leitbild versteckt.

Hier nochmals die fünf Vorteile einer Wertekommunikation: 

1. Sie differenzieren sich klar vom Wettbewerb

2. Sie bauen Potential für langfristigen Erfolg

3. Sie verkaufen besser

4. Sie stärken Ihre Identität – und damit Ihr leuchtendes Image

5. Sie bauen Kundenbeziehungen auf 

Ingrid Schmid

16. Mai 2018

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